Boxentraining als Allheilmittel – oder doch nicht?
Boxentraining ist in aller Munde, wenn es um Ruhe lernen, alleine bleiben lernen und Besucher tolerieren lernen geht. Wenn der Hund in der Box ist, dann kann er ja auch nichts anstellen, er ist „gut“ weggesperrt und Herrchen oder Frauchen können mal wieder durchatmen und die Ruhe genießen. So ein Hund ist ja schließlich viel Arbeit….
Verschlossene Hundebox in Österreich verboten
Ja auf den ersten Blick ist das Boxentraining eine tolle Sache, wenn das große ABER nicht wäre. Schauen wir uns gleich zuerst die gesetzliche Lage in Österreich an. Im § 13 Tierschutzgesetz steht geschrieben, dass Tiere so gehalten werden müssen, dass ihre physiologischen und ethologischen Bedürfnisse gestillt werden können. Gemäß § 16 Abs. 1 TSchG muss weiters gegeben sein, dass so viel Bewegungsfreiheit zur Verfügung steht, dass keine Schmerzen, Leiden oder schwere Angst entstehen kann. Dort steht übrigens auch im Absatz 5, dass die Anbindehaltung von Hunden verboten ist, außer kurzfristiges Anbinden, wie zum Beispiel vor einem Geschäft. In der 2. Tierhalteverordnung, Anlage 1, Abschnitt 1 wird die Hundehaltung auf die Haltung im Freien, Zwingern und in Räumen festgelegt. Es steht zwar nirgends ausdrücklich ein Verbot für die Boxenhaltung, aber die Mindestgröße für Zwingerhaltung beträgt 15 m² zuzüglich Grundfläche der Hundehütte, so groß müsste also deine Hundegehege mindestens sein. Bei der Haltung in den Räumen gibt es keine Mindestgröße, jedoch müssen sie dem Aufenthalt von Menschen geeignet sein, daher ist hier eine kleine Box auch nicht möglich. Es gibt eine einzige Ausnahme der Haltung von Hunden im privaten Umfeld in Boxen und das ist, wenn es veterinärmedizinische Gründe gibt (wie kranke oder verletzte Tiere).
Der Hund darf aus gesetzlicher Sicht also abgesehen von Transportzwecken nur so lange in einer Hundebox sein oder an der Leine angebunden werden, so lange es noch keine Haltung ist. Dies ist laut Rechtsprechung eine Zeitdauer von 20-30 Minuten.
Haltung in Hundebox auch in Deutschland verboten
Auch in Deutschland sieht es gesetzlich ähnlich aus. Gemäß § 2 Nr. 1 sowie 2 des deutschen Tierschutzgesetzes muss ein Tier seiner Art und Bedürfnissen entsprechend gehalten werden und dürfen keine Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden entstehen. Laut der Tierschutz-Hundeverordnung ist hier die Anbindehaltung sowie die Haltung im Freien, in Zwingern sowie in Räumen zulässig. Die Zwingergröße hängt von der Widerristhöhe der Hunde ab und muss mindestens zwischen 6 und 10 m² betragen. Betreffend der Zeitdauer ab wann es Haltung ist, ist hier die Auslegung sehr interessant, dass das einstündige Verwahren eines Hundes in einer Transportbox in einem abgestellten PKW nicht mehr zum Transport zählt. Das heißt also, dass auch in Deutschland die Gesetzgebung ähnlich aussieht.
Emotionen des Hundes in der Box
Abgesehen vom gesetzlichen Verbot, kann eine ganze Bandbreite an negativen Emotionen durch das Einsperren in eine Hundebox entstehen:
Wie Furcht, weil der Besucher zu nah an die Box kommt und der Hund nicht fliehen kann,
Angst, weil der Mensch den eingesperrten Hund einfach alleine lässt oder
Frustration, weil der Hund sich eigentlich mehr bewegen möchte, aber sich in der kleinen Box gerade mal umdrehen kann.
Auch das Explorations- und Sozialverhalten wird eingeschränkt und der Hund verliert die Kontrolle über seine Umgebung, weil er sich gegebenenfalls nicht entziehen kann.
Nachteile vom Boxentraining
Wobei Boxentraining scheinbar tolle kurzfristige Erfolge bringt, ist es langfristig nicht das Gelbe vom Ei. Es wird von Hunden berichtet, die nie gelernt haben ohne verschlossene Box zu ruhen. Hunde, die noch mehr Trennungsangst entwickeln, weil der Hund immer wieder einfach vom Sozialverband ausgeschlossen wird. Unsere Hunde sind hochsoziale, intelligente Lebewesen, da sollte solche Maßnahmen heutzutage nicht mehr angebracht sein. Wie auch andere Modeerscheinungen nehmen die Tipps bezüglich Boxentraining als Allheilmittel zum Glück wieder ab.
Lösung anstelle Boxentraining?
Was ist also die Lösung anstelle von Boxentraining? Nein, Deckentraining ist es nicht! Deckentraining ist zwar nicht verboten, ist aber genauso lediglich eine Symptombekämpfung. Es ist wichtig, dass du an die Ursache gehst. Die große Frage sollte also das „Warum“ sein und dazu dann eine passende, individuelle Lösung gefunden werden.
Abschließend möchte ich noch festhalten, dass natürlich nichts dagegen spricht, wenn du mit deinem Hund als Vorbereitung für den Transport das Warten in der Hundebox zuhause übst. Das wird dann aber in der Regel auch nicht Ewigkeiten dauern, sondern die geforderten 20-30 Minuten nicht übersteigen.
Falls du deinem Hund trotzdem eine Hundebox als Rückzugsort zur Verfügung stellen möchtest, dann montiere die Türen ab und lass ihn rein- und rausgehen wann er will. So kannst du deinem Hund einen sicheren Hafen einrichten, in welchen er sich gegebenenfalls zurückziehen kann. Das ist dann wieder etwas ganz anderes wie das klassische Boxentraining, wo die Türe fest verschlossen wird.
Brauchst du Hilfe? Ich bin persönlich in Oberösterreich und online weltweit für dich da. Liebe Grüße, Doris von Tierperspektive
Quelle: Binder R, Arhant C, Affenzeller N et al. (2020): Unterbringung von Hunden in Boxen und ähnlichen Unterkünften – Möglichkeiten und Grenzen der kurzfristen Unterschreitung von tierschutzrechtlicher Mindestanforderungen, Wiener Tierärztliche Monatsschrift, Heft 9-10, p. 212-232, Link