Verhaltensprobleme bei jungen Hunden: Eine tiefe Analyse

by | Okt. 7, 2025 | Hunde | 0 comments

Die Pubertät bei Hunden kann für viele Besitzer:innen eine echte Herausforderung sein. Plötzlich scheint der brave Welpe „alles vergessen“ zu haben – Rückruf? Fehlanzeige. Stattdessen: Ziehen an der Leine, Anspringen, überdrehtes Verhalten. Doch was steckt wirklich dahinter? Eine Studie der Organisation Dogs Trust liefert spannende Einblicke.


1. Die schwierige Phase der Hundepubertät

Die Pubertät ist eine natürliche Entwicklungsphase, in der sich Verhalten, Emotionen und soziale Bindungen neu ordnen. Für viele Hundehalter:innen wirkt es jedoch, als würde ihr Hund „auf stur schalten“. Typische Fragen lauten:

  • Ist das schon Problemverhalten – oder noch normal?

  • Wann muss ich eingreifen – und wann einfach Geduld haben?


2. Studienergebnisse: Häufige Verhaltensprobleme bei Junghunden

Eine umfangreiche Studie mit fast 1.000 Hunden im Alter von 6 und 9 Monaten ergab:

Mit 6 Monaten waren die häufigsten Herausforderungen:

  • Anspringen von Menschen

  • Kauen oder Begatten von Händen/Kleidung

  • Ziehen an der Leine

  • Unsicherer Rückruf

Mit 9 Monaten traten besonders oft auf:

  • Ziehen an der Leine

  • Anspringen

  • Rückrufprobleme

  • Exzessives Bellen

Seltener, aber ebenfalls genannt wurden:

  • Ressourcenverteidigung

  • Bellen bei Geräuschen

  • Anbellen anderer Hunde, Besitzer oder Fremder

  • Probleme mit dem Alleinsein

  • Zerstörerisches Verhalten in der Wohnung


3. Einflussfaktoren auf Problemverhalten

Interessant war, dass bestimmte Faktoren beim Menschen mit mehr Problemverhalten einhergingen. Häufiger betroffen waren:

  • weibliche Hundehalter:innen

  • Besitzer:innen, die arbeitslos, pensioniert oder ständig zuhause waren

  • Menschen ohne Hundeschulbesuch

  • Halter:innen, die mit positiver Bestrafung oder einem Mix aus Belohnung und Bestrafung arbeiteten

Auffällig:
Besitzer:innen, die ausschließlich positive Verstärkung nutzten, das Verhalten aber nicht als Problem einstuften, hatten ähnlich viele Vorkommnisse – sie bewerteten sie nur anders. Auch Besitzer kleiner Hunde stuften 1,9 × seltener Verhalten als problematisch ein, obwohl es gleich häufig vorkam.


4. Interpretation: Wahrnehmung ist subjektiv

Die Studie zeigt deutlich:
Was wir als „Problemverhalten“ bezeichnen, hängt stark von unserer Wahrnehmung ab.
Menschen, die nur positive Verstärkung einsetzen, nahmen 1,8-mal seltener Verhalten als störend wahr, obwohl es gleich häufig auftrat.
Auch wer keine Hundeschule besuchte, bewertete Verhalten 3-mal seltener als problematisch – unabhängig von der tatsächlichen Häufigkeit.

👉 Im Durchschnitt wurden pro Hund rund 1,7 Problemverhalten angegeben – sowohl mit 6 als auch mit 9 Monaten.


5. Warum Verhaltensprobleme entstehen

Verhalten entsteht immer aus Emotion, Erfahrung und Situation.
Einige Faktoren sind genetisch, andere entstehen durch Lernerfahrungen und Umwelt.

Beispiele:

  • Hetzverhalten: rassetypisch unterschiedlich ausgeprägt, kann aber durch Erfolgserlebnisse verstärkt werden.

  • Anspringen von Menschen: wird durch unsere Reaktion geprägt – je nachdem, ob der Hund Aufmerksamkeit bekommt oder ignoriert wird.


6. Problemverhalten oder normales Ausdrucksverhalten?

Viele sogenannte „Verhaltensprobleme“ sind eigentlich normale Ausdrucksweisen, die nur nicht in unseren Alltag passen.

Ein Hund, der springt, bellt oder zieht, kommuniziert – nicht mehr und nicht weniger.
Er zeigt, was er fühlt.
Für uns bedeutet das: Wir müssen lernen, Verhalten zu lesen und zu lenken, statt es reflexartig zu „korrigieren“.

Natürlich können auch Schmerzen oder medizinische Ursachen hinter auffälligem Verhalten stecken – etwa bei plötzlicher Aggression, Rückzug oder Veränderung des Fressverhaltens.


7. Hilfe für Hundebesitzer:innen

Wenn dein Hund Verhaltensweisen zeigt, die dich überfordern:
Sieh sie nicht als „Fehler“, sondern als Hinweis.

Frage dich:

  • Welche Situation löst das Verhalten aus?

  • Wie fühlt sich mein Hund in dem Moment?

  • Wie kann ich ihn verstehen, statt ihn nur zu stoppen?

Professionelle Begleitung kann helfen, Muster zu erkennen und eure Kommunikation zu verbessern – nicht durch Konditionierung, sondern durch Verständnis und gemeinsame Lösungen.


8. Fazit

Die Pubertät ist keine Störung, sondern eine Entwicklungsphase.
Wenn du erkennst, was dein Hund wirklich braucht, anstatt nur Symptome zu „trainieren“, entsteht wieder Kooperation – nicht Kampf.


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Ich begleite dich dabei, Verhalten nicht zu bekämpfen, sondern zu verstehen.
Echte Kommunikation statt Kommandos – für ein harmonisches Miteinander.

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Quelle:
Lord, M.S. et al. (2020). Owner perception of problem behaviours in dogs aged 6 and 9 months. Applied Animal Behaviour Science, 232. DOI: 10.1016/j.applanim.2020.105076

Doris von Tierperspektive – Kommunikation statt Konditionierung
Doris von Tierperspektive

Als Biologin (MSc) mit Schwerpunkt Human–Animal Interactions begleite ich Mensch und Hund dabei, sich wirklich zu verstehen – ohne Dressur, ohne Druck, ohne Leckerli-Tricks. Kommunikation statt Konditionierung.

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